Psychologische Psychotherapie
3-jährige Ausbildung in Systemischer Therapie
Wir freuen uns Anfang 2020 unsere erste Ausbildungsgruppe mit dem Ziel der Approbation in Systemischer Therapie anzubieten. Nachdem im Dezember 2008 die Systemische Therapie vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannt wurde und nun Ende 2018 die sozialrechtliche Anerkennung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss folgte, ist dies für uns der richtige Zeitpunkt, neben der verhaltenstherapeutischen Ausbildung auch die systemische Ausbildung mit einer integrativen Perspektive anzubieten. Für uns heißt das, neben einer soliden Spezialisierung im Vertiefungsfach Methoden und Sichtweisen anderer Therapieverfahren (Personzentrierung und Verhaltenstherapie), bei der Fallkonzeptualisierung und bei der psychotherapeutischen Behandlung zu berücksichtigen.
HAiP und Praxis Institut
Die HAiP und das Praxis Institut in Hanau, eines der größten und ältesten deutschen Ausbildungsinstitute im Feld Systemischer Beratung und Therapie, haben schon in der Vergangenheit eng kooperiert. Erfahrene Trainer*innen beider Institute lehren nun die systemische Approbationsausbildung. Damit fließen 30 Jahre systemische Lehrerfahrung des Praxis Instituts in die Gestaltung der Approbationsausbildung ein.
Unser Ausbildungskonzept
Systemische Therapie hat in ihrer Geschichte recht unterschiedliche Zugänge zum Menschen entwickelt: eher normative und strukturelle Ansätze, strategische Ansätze, konstruktivistische Ansätze nach der Wende hin zur Kybernetik 2. Ordnung, narrative, lösungs- und ressourcenorientierte Ansätze. Einige Ansätze sind eher kognitiv, verbal ausgerichtet; andere beziehen Körper und Erleben stärker ein. In unserer Ausbildung werden wir diese verschiedenen Ansätze berücksichtigen, ohne uns einer speziellen systemischen Schule zu verschreiben. Nicht die Lieblings-Methoden der Therapeutin bzw. des Therapeuten sollten in der Therapie im Vordergrund stehen, sondern die Methoden, die für das Klient*innensystem anschlussfähig sind und Entwicklung ermöglichen. Deshalb bieten wir in der Ausbildung eine breite Palette an Methoden und Sichtweisen an.
Didaktisch setzten wir auf eine feste Ausbildungsgruppe, die konstant über die Zeit der Ausbildung zusammen lernt und von zwei Ausbilder*innen begleitet wird. Auch die Gruppenselbsterfahrung findet in dieser Lerngruppe statt. So können Gruppenprozesse, Feedback, Selbsterfahrung und personelle Kontinuität genutzt werden, um individuelle Lernprozesse zu fördern. Unsere Selbsterfahrung startet mit einem 4-tägigen Seminar „Arbeit an der Herkunftsfamilie“. Danach können die Teilnehmer*innen bei speziellen Lehrtherapeut*innen 20 Stunden Einzelselbsterfahrung beginnen. In der Gruppe werden nach dem 4-Tage-Seminar in Abständen weitere Selbsterfahrungstage stattfinden. Die Ausbildung soll nicht nur eine kognitive Vermittlung von Skills sein, sie soll auch die Entwicklung einer Therapeut*innenpersönlichkeit ermöglichen. Psychotherapie besteht nicht nur aus wirksamen Methoden, sondern der Aufbau einer gelungenen Kooperationsbeziehung zwischen Patient*in und Therapeut*in ist die Basis zum therapeutischen Erfolg.
Wir bieten eine Vollzeitausbildung über 3 Jahre an. Das bedeutet, dass Sie die Zwischenprüfung nach 1½ Jahren machen können und Ihre Theorieseminare nach 3 Jahren beendet sind. Nach der Zwischenprüfung können Sie mit der praktischen Ausbildung, der Durchführung von Psychotherapien unter Supervision, beginnen. In welchem Tempo Sie Ihre Psychotherapien durchführen und wann Sie die Approbationsprüfung in Angriff nehmen, bestimmen Sie. Die psychotherapeutischen Behandlungen finden an unserer psychotherapeutischen Ambulanz in Hanau statt.
Eine praxisorientierte Ausbildung ist uns wichtig. Wir bieten ab dem 2. Semester monatlich an einem Abend (19 bis 20:30 Uhr) „Fall im Fokus“ an. Dort können die Teilnehmer der Ausbildung jeweils einen Fall aus ihrer praktischen Tätigkeit oder Ambulanzarbeit einbringen. Gemeinsam werden wir die systemische Fallkonzeptualisierung, Hypothesenbildung und Therapieplanung für diesen Fall entwickeln.
Weitere Infos
Wir empfehlen allen Interessierten den Besuch unserer Infoveranstaltungen, in denen wir die Ausbildung detailliert vorstellen und Ihre individuellen Fragen zum Ablauf und den Zulassungsvoraussetzungen beantworten.
Literatur zum Einlesen
Wer sich intensiver mit der inhaltlichen Ausrichtung unserer Ausbildung beschäftigen möchte, dem empfehlen wir folgende Veröffentlichungen von Andreas Fryszer und Rainer Schwing. Beide haben das Curriculum mitgestaltet und begleiten die Ausbildung:
Schwing, R., Fryszer, A. (2015). Systemische Beratung und Familientherapie - kurz, bündig, alltagstauglich. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Schwing, R., Fryszer, A. (2017). Systemisches Handwerk. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Alternativ die englische Ausgabe:Fryszer, A. and Schwing, R. (2014). Handbook of Systemic Psychotherapy. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht
Fryszer A., Schwing R. (2019). Ethical Issues in Systemic Psychotherapy. In: The Oxford Handbook of Psychotherapy Ethics. Handbook ISBN: 9780198817338Online ISBN: 9780191858857. Oxford Press, England (Estimated book publication date: 24 June 2021)
Vom Gesetzgeber vorgegebene Inhalte und Strukturen im Überblick:
Mindeststundenzahl sind 4200 Stunden
Theoretische Ausbildung
Die theoretische Ausbildung umfasst mindestens 600 Stunden. Sie verzahnt theoretischen Unterricht in Form von Seminaren und praktischen Übungen. Darin werden Grundkenntnisse der psychotherapeutischen Tätigkeit und entsprechend unserem Selbstverständnis Methoden der Verhaltenstherapie, Gesprächspsychotherapie und Systemischen Therapie integriert. Die Vermittlung der Inhalte erfolgt praxisnah und zugleich orientiert am aktuellen Forschungsstand. Die Einübung psychotherapeutischer Vorgehensweisen wird im Rollenspiel erprobt und mittels verschiedener Übungen trainiert.
Praktische Tätigkeit
Die praktische Tätigkeit umfasst mindestens 1800 Stunden und dient dem Erwerb praktischer Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung von Patient*innen mit unterschiedlichen Störungsbildern. Die praktische Tätigkeit ist in Abschnitten von mindesten jeweils drei Monaten abzuleisten und gliedert sich in zwei Abschnitte:
- Mindestens 1200 Stunden in einer psychiatrischen klinischen Einrichtung
- Mindestens 600 Stunden an einer von einem Sozialversicherungsträger anerkannten Einrichtung, die der psychotherapeutischen oder psychosomatischen Versorgung dient, in der Praxis einer*s Ärztin*Arztes mit einer ärztlichen Weiterbildung in Psychotherapie oder der Praxis einer*s Psychotherapeut*in.
Die HAiP hat mit Kliniken Kooperationsverträge geschlossen, an denen die praktische Tätigkeit absolviert werden kann. Während der praktischen Tätigkeit in der klinisch-psychiatrischen Einrichtung soll die*der Ausbildungsteilnehmer*in jeweils über einen längeren Zeitraum an der Diagnostik und der Behandlung von mindestens 30 Patient*innen beteiligt werden und dabei Kenntnisse und Erfahrungen über die akute, abklingende und chronifizierte Symptomatik unterschiedlicher psychiatrischer Erkrankungen erwerben.
Praktische Ausbildung
Die praktische Ausbildung dient dem Erwerb von praktischen Kompetenzen in der Systemischen Therapie. Es sind mindestens 600 Behandlungsstunden unter Supervision abzuleisten, wobei jede vierte Stunde supervidiert werden soll. Das ergibt mind. 150 Stunden Supervision. Davon sind 50 Stunden als Einzelsupervision abzuleisten. Bei Gruppensupervisionen sind die Gruppen entsprechend klein (4 Personen) gehalten. Die ambulanten verhaltenstherapeutischen Behandlungen werden in unseren Instituts-Ausbildungsambulanzen oder anerkannten Lehrpraxen durchgeführt.
Alle Supervisor*innen sind erfahrene Praktiker*innen mit langjähriger Berufserfahrung in Psychotherapie. Sie verfügen über mehrjährige Supervisions- und Lehrerfahrung.
Selbsterfahrung
Die Selbsterfahrung umfasst nach stattlichen Vorgaben mindestens 120 Stunden. An der HAiP findet die Selbsterfahrung nicht ausschließlich in der Gruppe statt. Außer 100 Stunden Selbsterfahrung in der Gruppe sind auch 20 Stunden Einzelselbsterfahrung vorgesehen. Die HAiP reagiert damit auch auf die Ergebnisse des Forschungsgutachtens der Bundesregierung, das deutlich gemacht hatte, dass gerade in der Ausbildung in Verhaltenstherapie ein Mangel an Selbsterfahrung, insbesondere an Einzelselbsterfahrung von den Auszubildenden beklagt wurde.
Die Selbsterfahrung findet in Blöcken, z.T. am Wochenende, z.T. in mehrtägigen Blöcken statt.
Freie Spitze
Die Freie Spitze dient der Vertiefung von Wissen und Fähigkeiten in bestimmten Bereichen des psychotherapeutischen Arbeitens. Dadurch kann eine individuelle Schwerpunktsetzung innerhalb der Ausbildung erfolgen. Die Freie Spitze umfasst 930 Stunden und kann sich zusammensetzen aus externen Fortbildungsveranstaltungen/Kongressen, aus einem Überhang aus der Praktischen Tätigkeit (PT1 oder PT2), aus einem Überhang von zusätzlichen Behandlungsstunden aus der Praktischen Ausbildung, aus Literaturstudium und Peergrouptreffen.
Abschlussprüfung
Voraussetzung für den Fachkundenachweis ist die Absolvierung der staatlichen Prüfung nach §5 Abs. 1 Satz 2 des Psychotherapeutengesetzes. Für die Zulassung der Prüfungskandidat*innen zur staatlichen Abschlussprüfung ist ein positives Votum der Ausbildungsleitung der HAiP erforderlich. Diese stellt dann eine Teilnahmebescheinigung nach § 1 Abs. 4 PsychTh-APrV (Anlage 2 der PsychTh-APrV) aus, wenn die*der Ausbildungskandidat*in alle Unterlagen vollständig eingereicht hat.
Die Prüfung umfasst einen schriftlichen und einen mündlichen Teil.
Der letzte mögliche Prüfungstermin ist im Frühjahr 2032. Alle Ausbildungsteile (inkl. aller Behandlungsstunden) müssen bis November 2031 absolviert sein.